Nichts hat sich geändert. Noch gibt es viel zu wenige Initiativen in Sachen Gemeinwohl und Vernunft. Nie nützen wir das bisschen Intelligenz, das dem Homo Sapiens geblieben ist. Nie betrachten wir die Zukunft mit einem Hauch von Besonnenheit. Das einzige, was die Politiker in Europa (und leider nicht nur dort) zu interessieren scheint, ist ihre eigene Gier nach Macht, Geld und Kontrolle zu stillen – ohne Rücksicht auf Verluste. Nur mit Schrecken können wir auf dieses schändliche Abkommen blicken, das sich hinter dem arroganten und anmaßenden Titel TTIP verbirgt (Transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft). Dieses Abkommen, das in Italien mit dem berühmten „Sbloccaitalia“ zusammenfällt, sollte theoretisch den freien Handel zwischen UE und USA fördern, ist aber in Wirklichkeit eine Vereinbarung zwischen Machthabern, die hauptsächlich dazu dient, Europa an die amerikanischen Standards anzupassen. Sprich, es sollen Gesetze erlassen werden, um in Europa all das zu legalisieren, was in den USA bereits möglich ist. Frei Bahn dem Hormon-Fleisch! Mit Vollgas dem Schoß der Erde so viele fossile Brennstoffe wie möglich entreißen, so wie es der Petro-Industrie vorschwebt! Guten Appetit mit genetisch modifizierten Nahrungsmitteln! Und los geht’s mit der industriellen Landwirtschaft, die mit Pestiziden und Erdöl-Derivaten arbeitet – der normale Bauer hat da natürlich nichts mehr auszurichten. In Amerika dient der Großteil der Landwirtschaftsfläche nicht dem Anbau von Lebensmitteln für den Menschen, sondern dem Anbau von Futtermitteln für die Tiere, Soja und Mais. Tiere, von denen wir uns natürlich ernähren. Es ist wirklich deprimierend, wie sehr unser Europa-Abgeordneter Herbert Dorfmann – ganz klar ein echter Durnwalder-Jünger und frei von jeglicher ökologischer und demokratischer Vernunft – dafür ist, sämtliche Türen für alle möglichen leichtfertigen Privatisierungen, Liberalisierungen, Vereinheitlichungen und Standardisierungen zu öffnen. Eine Öffnung, die ein schon krankes System noch kränker machen wird, die aber als „Business vor Ort“ verkauft wird und die allein dazu führen wird, dass Normen in Sachen Umwelt, Gesundheit und Arbeitsmarkt festgelegt werden. 

Noch nicht schlimme genug? Bitte sehr: Wie kann ein Politiker aus unserem Land ein Abkommen unterstützen, das es der Industrie leichter macht, mit Wasser und Bildung Geld zu verdienen? Sollten Wasser und Bildung nicht Gemeingüter sein, für jeden zugänglich? Joseph Stiglitz, der amerikanische Nobelpreisträger für Wirtschaft, behauptet, dass solches Abkommen zu verminderten Garantien und fehlendem Verbraucherschutz führen wird. Und als ob das noch nicht reichte, werden große Unternehmen dank eines hinterhältigen, verantwortungslosen Mechanismus dazu in der Lage sein, einen Staat zu verklagen, wenn dessen Gesetze ihre Gewinne schmälern. Und wir sprechen hier nicht von bereits erzielten Gewinnen. Wir sprechen von Gewinnerwartungen! Die Tragik des Abkommens liegt darin, dass es nicht rückgängig gemacht werden kann. Bei jeder Änderung müssen sämtliche beteiligten Partner zustimmen. Und einzelne Staaten können aus einem Pakt, den die UE abgeschlossen hat, ohnehin nicht austreten. Die TTIP ist eine einzige große Falle, ein abscheuliches und inakzeptables Abkommen für die europäischen Demokratien, unsere italienische eingeschlossen. Manche behaupten ja, dass die nächste Entwicklungsstufe des menschlichen Gehirns die ökologische Intelligenz sei. Davon ist bisher leider nichts zu erkennen.

Doch trotzdem dürfen wir nicht locker lassen! Und deshalb baue ich auf Männer und Frauen, die dazu beitragen, den Evolutionsprozess zu beschleunigen. Ich baue auf die jungen Menschen! Ich baue auf die Menschen, die eine Schule realisiert haben, die erst vor kurzem eröffnet wurde – eine Schule, die nach Alexander Langer benannt wurde. Denn von dem, was Alex geleistet hat, können wir alle nur lernen. Einer wie er ist, der uns heute fehlt. In Italien und in Europa.

Michil Costa

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